Staatsgalerie Prenzlauer Berg

Der Name ist ein klarer Fall von Amtsanmaßung

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Micha Brendel zählte gemeinsam mit Else Gabriel, Rainer Görß und Via Lewandowski zu den ?Autoperforationsartisten?. Geschult an den eigenen Prägungen sorgte in der zweiten Hälfte der 80er Jahre diese Performance-Gruppe für einige skandalöse und skandalisierte Auftritte und Ausstellungen in der DDR.

Als Einzeltäter machte sich Brendel mit Objekten, Malerei und Zeichnungen einen Namen, die im eigentlichen Sinne des Wortes organisch waren. Blut und andere Säfte bzw. ihre tierischen Behältnisse waren zumeist Ausgangsstoffe seiner Arbeiten, die als erschreckend schön zu bezeichnen sind.

In Micha Brendels zweiten Ausstellung in der Staatsgalerie Prenzlauer Berg erwarten den Besucher nun Papiere, Seidenpapier und getrocknete Haut - durch Micha Brendel in doppelter Weise aufgearbeitet.

Zum einen sind Zeichnungen aus verschiedenen Jahren zu sehen, in denen sich ein bestimmtes Thema zunehmend verflüchtigt und an dessen Stelle eine Art freies meditatives Fabulieren mit Sinn und Tinkturen hervor tritt.

Und zum anderen locken die neuen ?Verschriftungen?: dies sind aus Buchstaben, Zeichen und Kürzeln notierte und überlagerte Schreibrituale. Dieser verdichteten Essenz fällt Lesbar­keit bewusst zum Opfer. Dem Misstrauen an mitteilbaren Botschaften wird der Gewinn einer Reise des Auges durch Landschaften schreibzerfurchter Schrift buchstäblich gegenübergestellt.

Feder und Kiel doppelläufig bei der Hand, schlägt der Duktus des Scriptomanen Brendel ins Papier. Schreibwütig bis zum Stillstand des Geistes, tägliches alpha beten und/oder querfeldein schreiben. Noch Sinn oder schon Erleuchtung?

Es ist dies, was Micha Brendel in der Zeichnung bereits beherrscht - den permanent erklä­renden Intellekt auf verschlungenen Pfaden irritieren und von sich weg, in die wundersame Welt der Bachstuben, einzuführen.